Im „Kurier“ fand sich der Bericht über diese wenig erfreuliche Bilanz auf Seite 9. Ein Grund für diese Misere wurde wohl zufälligerweise weiter vorne in der Zeitung in einem Portrait des Gründers des Unternehmens „Joseph Brot“ abgehandelt. Der gute Mann schuf in vier Jahren immerhin 125 Arbeitsplätze. Herr Weghaupt schildert, wie schwer ihm die betriebliche Gründung behördlicherseits gemacht wurde: Gutachten über Gutachten waren zu erbringen, die korrekte Anbringung des Handlaufs an den Treppe zu den Toiletten musste ebenso verhandelt werden wie eine Durchreiche zwischen Küche und Gastraum. Zu diesem auch monetär nicht zu unterschätzenden Aufwand gesellen sich Steuern und Abgaben, die diesen Wahnsinn einer Überbürokratisierung ja erst ermöglichen.
Ist in beiden Fällen nunmehr die Aufregung groß, setzt etwa der ORF einen seiner berühmten Wochen-Schwerpunkte, um die Politik Farbe bekennen zu lassen, oder wird eine der berühmten „Krone“-Kampagnen los getreten? Nein.
Weshalb das wahrscheinlich so ist, hat der Philosoph Konrad Paul Liessmann im „profil“-Interview gemutmaßt, als er auf die Bemerkung „Über relevantere Themen, etwa über Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen, wird nie so hitzig diskutiert“ antwortete: „Anscheinend sind bei Debatten auf Nebengleisen die Schlachten leichter zu gewinnen. Man muss auch nichts einsetzen dafür. Man verschafft sich ein unglaublich gutes Gewissen, wenn man glaubt, auf der richtigen Seite zu stehen. Und vielleicht haben alle ein Interesse, dass die wirklich relevanten Fragen an den Orten, wo sie entschieden werden, etwa in der Ökonomie, eben nicht debattiert werden. Alle diskutieren lieber die Bundeshymne als Gehaltsunterschiede. Wenn es die Möglichkeit gibt, solche symbolischen Debatten zu führen, wird sie gerne in Anspruch genommen, um andere Debatten nicht führen zu müssen.“
Und wieder spielt der Zufall Regie, dass der Schauspieler Gregor Bloéb, in der gleichen „profil“-Ausgabe zu Protokoll gibt: „Wogegen kämpfen wir denn? Ich drück die `Gefällt mir`-Taste und fühl mich als Revolutionär. Wir kämpfen erbost um das Binnen-I, während sich vor Lampedusa täglich Tragödien abspielen. Wir verhängen ganz arge Sanktionen gegen drei Großneffen von Putin und berichten stolz über ein neues Gasgeschäft mit Russland. Sollten wir nicht nach dem Hypo-Debakel schon längst in den Steuerstreik gehen? Wir haben verlernt aufzubegehren.“
Beide Aussagen laufen, zusammengefasst, darauf hinaus, dass Medien und Politik lieber Stellvertreter-Kriege führen und sich das leisten können, weil von den Menschen ohnedies kein allzu großer Widerstand zu fürchten ist. Beim Thema „Arbeitslosigkeit“ mit seinem enormen sozialen Sprengstoff könnte sich diese Denke allerdings bereits mittelfristig als gefährlicher Irrtum herausstellen.