Der Journalist fühlte dem nunmehrigen Coach von Galatasaray Istanbul ordentlich auf den Zahn. Quintessenz seines Nachbohrens: Ob Mancini denn nicht schlussendlich bei den „Blues“ versagt hätte.
Jetzt muss man wissen, dass der Italiener Manchester City 2012 zum ersten Meistertitel nach 44 Jahren verholfen hatte. Ein Jahr später bestand sein Versagen darin, nur Vizemeister geworden zu sein und das englische Cupfinale zwar erreicht, aber letztlich verspielt zu haben.
Aber, hallo! Das Fußballgeschäft ist zwar bekanntermaßen extrem kurzlebig. Heute gefeiert, morgen gefeuert. Aber muss selbst ein BBC-Journalist auf den Eilzug aufspringen? Mancini ließ sich jedenfalls im Interview nicht aus der Reserve locken, gab freundlich Floskeln von sich, ein „Sager“ fehlte. Das Gespräch versandete irgendwie und wurde langweilig. „Boring“ entbehrt im Zusammenhang mit Manchester City übrigens nicht einer gewissen Pikanterie. Als das Team unter Mancini den Gegnern Tor um Tor schoss, skandierten die eigenen Fans höhnisch in Richtung gegnerische Anhängerschaft: „Boring, boring City!“
Spannende Interviews leben von Fragen, mit denen auch mal unbekanntes Terrain betreten wird. Im Falle von Roberto Mancini etwa jene nach dem persönlichen Lernerfolg aufgrund des im Verein Erlebten, nach seinen Plänen, die er dort noch verwirklichen hätte wollen, oder worauf es bei der Orchestrierung von hochbezahlten Fußballstars ankommt.
Es gibt sie, diese Meister des Interviews. Paul Kimmage mit seinem Buch „Talk don‘t run“ liefert Sportlerportraits der anderen, der literarischen Art. Simon Kuper beschreibt in „The Football Men“, wie er sich dem Geheimnis von Fußballgrößen zu nähern versucht. Oder – abseits des Sports – glänzte der bereits verstorbene Journalist André Müller als Interviewer, gesammelt nachzulesen in seinem Werk „Sie sind ja wirklich eine verdammte Krähe“ (Letzte Gespräche und Begegnungen), oder unter http://andremuller.com-puter.com/. Richtig gute, interessante Interviews sind zeitlos, weil sie die Aktualität, die uns im Web, sekündlich upgedatet, anbrüllt, gelassen beiseite schieben. So soll es sein.
Am Schluss des Interviews mit Mancini bedankte sich der BBC-Journalist: „It was a pleasure talking to you, Roberto.” Na dann.