Kürzlich war dies der Fall, als der Bundeskanzler den Lohnnebenkosten-Bonus für die Mehrbeschäftigung von österreichischen Arbeitnehmern verkaufen musste. Er entblödete sich nicht, folgende Statistik ins Treffen zu führen.
- Seit 2008 wurden in Österreich 200.000 neue Arbeitsplätze geschaffen.
- Die Zahl der beschäftigten Ausländer stieg gleichzeitig von 185.000 auf 385.000.
- Ergo haben, statistisch betrachtet, alle Ausländer die neuen Jobs bekommen.
- Frappanter Weise stieg jedoch die Arbeitslosigkeit seit 2008 von 212.000 auf 357.000 Personen.
- Wir schlussfolgern daher: a) Wir müssen die Zahl der Ausländer am Arbeitsmarkt irgendwie beschränken, damit die Inländer bessere Jobperspektiven bekommen. b) Wir schaffen das zum Beispiel, indem wir Firmen, die zusätzliche Jobs für Österreicher kreieren als Anreiz die Lohnnebenkosten für ein paar Jahre senken (= Beschäftigungsbonus).
Dieser Denkansatz ist ziemlich krude, aus mehreren Gründen. Einer davon ist als pars pro toto der Fall der rumänische Altenpflegerin. Für deren Gehalt wird kein österreichischer Ersatz zu finden sein wird, weil damit hierzulande die stetig steigenden Lebenshaltungskosten (Wohnen plus 40 Prozent seit 2010, laut Preisindex ImmoDex) nicht gedeckt werden können.
Auch wirft der Deal Fragen auf, etwa: Warum gibt es keinen Lohnnebenkosten-Bonus für Firmen, denen es trotz Abgabenlast gelingt, über lange Jahre hindurch den Beschäftigtenstand zu halten, zu expandieren, brav Steuern zu zahlen, Lehrlinge auszubilden etc.? Und: Wer wird kontrollieren, ob die Mehrbeschäftigung nicht zum Beispiel durch statistische Kreativität ausgewiesen wird? Wer treibt ferner das Geld ein, wenn die- oder derjenige Mehrbeschäftigte nach, sagen wir, drei Jahren trotz Bonus doch nicht länger beschäftigt werden kann?
Es ist natürlich ungerecht, diese 2 Milliarden Euro teure Regierungsinitiative als beschäftigungspolitischen Verzweiflungsakt zu kritisieren. Man braucht rasche Ergebnisse, es stehen Wahlen vor der Tür. Langfristig betrachtet, wären die Zeichen am Job-Horizont allerdings eindeutig. Der technische Fortschritt, die Digitalisierung und Robotisierung (und nicht so sehr die Globalisierung), bringen den „Wind of Change“. Ein Gastkommentar von Stefan Flückiger vom Schweizer Außenamt (EDA) in der „Neuen Zürcher Zeitung“ (23.02.2017) beschreibt das so: „Die drei größten Unternehmen der Welt, Apple, Alphabet und Microsoft, erwirtschaften ihre Gewinne (dabei) mit einem Minimum an Personal und Infrastruktur – man spricht von ‚mass without scale‘. Whatsapp bedient mit weniger als 50 Angestellten über 100 Millionen Kunden weltweit. Was bedeutet: Wer eine nachhaltige Beschäftigungspolitik will, wird bestehende traditionelle Arbeitsplätze nicht mittels Grenzschutz sichern.“
Und der linkem Gedankengut nicht wirklich nahestehende Josef Urschitz verweist in der „Presse“ (21.02.2017) auf den Umstand, dass in Österreich rund 80 Mrd. Euro Einnahmen aus Steuern und Sozialbeiträgen im Jahr mit menschlicher Arbeit gekoppelt sind. Durch die zitierte Digitalisierung und Robotisierung drohe der Entfall dieser Gelder und ein Ende des Staates (bzw. dessen Finanzierung), wie wir ihn kennen: „Es werden also überall in der westlichen Welt die Steuer- und Sozialsysteme umgebaut werden. Am Ende werden irgendeine Art von ‚Robotersteuer‘ und irgendeine Art von Grundeinkommen stehen. Oder eine Menge Failed States mit hohem Revolutionspotenzial. Nicht nächstes Jahr, nicht in fünf Jahren, aber die meisten von uns werden das noch erleben.“
Sich darauf allmählich vorzubereiten, ist angebrachter, als Inländer und Ausländer, Firmen mit und ohne Neubeschäftigen gegeneinander aufzurechnen und dabei teure Boni zu verteilen.
Werbung für den Tote-Winkel-Warner im neuen Opel Zafira: Doch auch am Arbeitsmarkt zeichnen sich dank Digitalisierung und Robotisierung Dinge ab, die man nicht sehen kann oder nicht sehen will und für die auch ein Beschäftigungsbonus á la Bundesregierung keine Lösung ist.