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Michael Sgiarovello

Warum die Reiselust trotz Covid-19-Unsicherheit weiterhin ungebrochen ist

24/6/2020

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.Die Situation ist so widerwärtig diffizil, wie es ein Luder nicht sein könnte. Öffnen jetzt die Grenzen, freut sich die Tourismusbranche, aber möglicherweise auch der Virus. Bleiben die Grenzen dicht, geht in vielen Fremdenverkehrsbetrieben das Licht aus, mit negativer Folgewirkung für den Rest der Wirtschaft.
 
Woher rührt der Gedanke, dass es ein Recht auf Urlaub in dem Sinne gibt, dass man dafür seinen Heimatort verlässt und verreist? Abgesehen vom Umstand, dass das freizeitbedingte Reisen grundsätzlich eine Beschäftigung ist, die sich nur Bürger aus reicheren Industriestaaten leisten können, kann ich mir zwei mögliche Gründe vorstellen:
 
Zum einen macht man es, weil sich, wie die Schriftstellerin Vea Kaiser in einer „Kurier“-Kolumne kürzlich schrieb, „alle zusammen nur darin einig sind, dass anderswo alles besser ist.“ Zum anderen tun wir es - und da kommt die Denkschule eines Josef Hader aus seinem Programm „Hader muss weg“ ins Spiel -, um letztendlich zu erkennen: „Wo anders, is a net anders.“
 
Reisen zu können bedeutet Freiheit. Daher ist ein Reiseverbot, unabhängig von der Bedeutung des Tourismus, der - gemäß BIP/Kopf - Österreich nach Spanien zur Nummer 2 innerhalb der EU macht, so schwierig durchzusetzen. Dabei bedroht die Freiheit der einen schon lange die Freiheit der anderen. Kroatien hat 4,1 Millionen Einwohner, aber jährlich 57,6 Millionen Touristen zu bespaßen. Das ist Weltspitze. 2019 waren wiederum 4,5 Milliarden Flugzeugpassagiere rund um den Globus unterwegs, an Spitzentagen befanden sich gleichzeitig 20.000 Flugzeuge in der Luft.
 
Ein Irrsinn, den man jedoch nur durch eine Verteuerung des Angebots etwas eindämmen könnte. Auf Flugscham zu setzen, wird zu wenig sein. Denn der Wunsch, Grenzen physisch zu überschreiten – und sei es manchmal bloß die Gemeindegrenze – hat auch mit den Menschen als soziale Wesen zu tun. Johan Lundgren, Chef von Easyjet, ist deshalb im „Spiegel“ (45/2020) für seine Branche und den Tourismus optimistisch: „Der Lockdown hat doch gezeigt, was fehlt, wenn wir uns nicht mehr treffen können. Das lässt sich die junge Generation nicht nehmen.“ Auch die Alten nicht. Und sei es auch nur, um wie jedes Jahr „ihren“ Eisverkäufer des Vertrauens in Jesolo freudestrahlend begrüßen zu dürfen.
 
Reise-Impressionen aus Spanien 2019:
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Warum die Fußballkultur, wie wir sie kennen, nicht nur wegen Covid-19 gefährdet ist

31/5/2020

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Er ist einer der erfolgreichsten Fußballer, Weltmeister, Europameister, Champions League-Sieger. Sergio Ramos ist so populär, dass ihm Amazon eine eigene Dokumentarfilm-Serie gewidmet hat. Der Kapitän von Real Madrid wird darin vor allem als Familienmensch, verheiratet mit einer TV-Moderatorin, einem Fotomodell, und Vater von drei kleinen Söhnen durchaus sympathisch porträtiert.

Betont wird die harte, entbehrungsreiche Arbeit als Fußballprofi, die Ramos nach vielen Reisen zu den diversen Spielen, im Training, als Vereinsrepräsentant und als Markenbotschafter von sich selbst zu leisten hat.
 
Diese Mühsal bei seinem Klub, den Königlichen von Madrid, wird allerdings königlich entlohnt. Sergio Ramos besitzt ein Gestüt samt Weltmeister-Pferd, sein Haus verdient den Begriff Palais, und die Klamotten, die er und seine gesamte Familie während des Drehs spazieren tragen, kosten so viel, wie der Zeugwart von Real Madrid sein ganzes Leben nicht verdienen wird.
 
Womit wir bei den aktuellen „Geisterspielen“ im Profifußball gelandet sind. Diese finden statt, damit den Vereinen die Fernsehgelder nicht flöten gehen, durch die Gehälter wie jene von Sergio Ramos möglich sind. Mit Fußballkultur und dem Sport, der die Massen begeistert, hat der traurige Kick in den Stadien ohne Fans nichts zu tun. Der Schriftsteller Franzobel traf in der „Kleinen Zeitung“ (21.05.2020) den schönen Vergleich, dass Fußball ohne Zuschauer wie ein Grillabend, bei dem es kein Fleisch gibt, sei.
 
Allerdings: Grillen ohne Fleisch kommt, auch für mich überraschend, ganz gut an. Sky erzielte mit den Übertragungen der ersten Spiele der deutschen Bundesliga nach der Corona-Pause Rekordeinschaltquoten. Mehr als sechs Millionen schauten sich die stimmungslosen "Geisterspiele" im Fernsehen an.
 
Damit scheint eine Prognose wahr zu werden, die der Social Media-Experte Mario Leo in seinem mit Alex von Kuczkowski Buch „Kaufen Sie Ronaldo! Wie Facebook, Instagram & Google den Profifußball verändern“ (Verlag Die Werkstatt, 2020) wagt: „Die Ultras sterben aus. (…) Die heute 10- bis 13-Jährigen brauchen diese Adrenalinschübe im Stadion nicht mehr. Sie holen sie sich online, durch Social Media und Computerspiele wie beispielsweise FIFA oder eFootball Pro Evolution Soccer. Junge Generationen holen sich ihre Erlebnisse in ihr Wohnzimmer. Sie sind es (leider) nicht mehr gewohnt, vor die Tür treten zu müssen, um etwas zu erleben. (…) Wenn ich einem Heranwachsenden eine Playstation ins Wohnzimmer stelle, dann gebe ich ihm jeden Anlass dazu, nicht im Stadion zu sein und Stimmung zu machen.“
 
Auf den Grillabend umgemünzt, bedeutet das: Vegetarismus wird Mainstream. Zumindest im Fußball.
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Warum die Millionenspenden der Fußballstars einen schalen Beigeschmack haben

26/4/2020

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mIst das viel? Starfußballer haben sehr schnell auf Covid-19 reagiert und öffentlichkeitswirksam die Spendierhosen angezogen. Das Musterexemplar pro Person kostet meist eine Million Euro oder eine Million Pfund, je nachdem, wo der Dienstgeber beheimatet ist.
 
Für diesen Betrag schnüren sich Lionel Messi oder Christian Ronaldo, mit geschätzten 30 Millionen Euro Gesamteinkommen pro Jahr, für ein Saisonspiel die Fußballschuhe, während die allermeisten Klubangestellten beim FC Barcelona oder bei Juventus Turin diese Summe in mehreren Berufsleben nicht verdienen würden.
 
Ist eine Million Euro also viel zu wenig? Fehlt es den Fußballstars an Großzügigkeit?
 
Nein.
 
Erstens: Ihr Verdienst entspricht dem, was jemand am Fußball-Markt bereit ist, für ihren Job zu zahlen. Und das sind gewaltige Beträge. In Spanien kassiert La Liga, laut Uefa, 2020/21 exakt 2,1 Milliarden Euro an Einnahmen aus TV-Rechten, fast drei Mal so viel wie in der Saison 2012/13. In Italien kann im gleichen Zeitraum zumindest ein Plus von einem Drittel auf demnächst 1,3 Milliarden Euro verbucht werden.
 
Zweitens: Daraus resultiert wiederum die Gegenleistung von glamourösen Spielern wie Messi und Ronaldo, nämlich möglichst erfolgreich zu spielen, viele Tore zu erzielen und damit nicht nur dem jeweiligen Verein zu Ruhm und Ehre zu verhelfen, sondern auch für viele Sponsoren die Bekanntheit zu steigern und ein Imageplus zu erwirtschaften.
 
Drittens: Es ist ganz und gar nicht die Pflicht der Herren Messi und Ronaldo zu spenden, um einem von Staats wegen kaputt gesparten Gesundheitssystem in Spanien oder Italien finanziell unter die Arme zu greifen. Dass zum Beispiel in einer Pandemie ausreichend Notbetten, Beatmungsgeräte und medizinische Schutzausrüstungen vorhanden sind, sollte, ja muss, durch Steuerleistungen und Sozialabgaben gewährleistet sein, ohne sich auf freiwillige Almosen von privater Hand verlassen zu müssen.
 
Viertens: Pflicht der Starfußballer ist es einzig und allein, die ihren Einkommen entsprechenden Abgaben zu leisten und diese nicht durch dubiose, fragwürdige Finanztransfers in Steuerparadiese auf den Cayman Islands oder nach Guernsey zu verschleiern (vgl. Rafael Buschmann/Michael Wulzinger: Football Leaks. Die schmutzigen Geschäfte im Profifußball, München 2017). EU-Steueroasen kosten jährlich 170 Milliarden Euro, heißt es in einer Studie des Polish Economic Institute, die am jüngsten Weltwirtschaftsforum in Davos vorgestellt wurde (vgl. Tiroler Tageszeitung, 25.01.2020, S. 21). Damit ließe sich beispielsweise im Gesundheitssystem doch einiges bewegen.
 
Die steuerschonende Vorgangsweise der Fußballgötter ist zutiefst menschlich. Wer zahlt freiwillig einen Obolus, wenn es Möglichkeiten gibt, diese Gelder an Vater Staat zu reduzieren? Die Option mit den Cayman Islands und Guernsey hat halt nicht jeder. Messi und Ronaldo schon.
 
Ihre (situativ durchaus begrüßenswerten) Spendenmillionen erscheinen damit in einem etwas weniger glänzenden Licht. Böse Zungen mögen sie sogar als dem schlechten Gewissen geschuldet interpretieren.
 
Die während dem Covid-19-Lockdown ins Leben gerufene „Insta Challenge“ von Christiano Ronaldo zahlt sich auch für seinen Sponsor Nike aus: 40,7 Millionen Aufrufe sind kein Brösel: https://www.instagram.com/p/B-mvvtxA_6D/
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Statt „Eat the Rich“ bringt ein Virus die Welt ins Wanken

28/3/2020

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Überraschung. Ich war der Meinung, dass es zum großen Knall kommen würde, weil sich Arm gegen Reich erhebt. Und jetzt das: ein Virus. Wobei seine Verbreitung mit Arm gegen Reich, mit Globalisierung, mit Migration eng verbunden ist.
 
Spannend wird sein, ob aus der COVID-19-Pandemie gelernt wird. Dass etwa absoluter Freihandel und globale Arbeitsteilung fatale Abhängigkeiten mit sich bringen oder dass Urbanisierung, durch die Millionen Menschen auf engstem Raum aufeinander kleben, vielleicht doch nicht ganz super ist. Der Lerneffekt wird leider umso eindringlicher sein, je größer die Katastrophe ausfällt.
 
Was kann schon jetzt an frühen Erkenntnissen gezogen werden?
 
  • Ohne Internet, ohne Informationsaustausch in Echtzeit, wären wir verloren. Dass Homeoffice durchaus funktioniert, sollte zu einer (klimafreundlicheren) Umgestaltung der Arbeitswelt führen.
 
  • Die Lebensmittel-Nahversorgung in Österreich funktioniert. Wir haben zum Glück, auch durch unsere Gesetzeslage, eine so hohe Supermarktdichte, dass Einkaufen leichtfällt. Im Unterschied zu vielen Ländern, wo das Shopping des täglichen Bedarfs darauf beruht, dass sich am Wochenende Tausende gleichzeitig mit dem Auto aufmachen, um den Hypermärkten dieser Welt einen Besuch abzustatten.
 
  • Nicht nur angesichts vieler vor dem Kollaps stehender Gesundheitssysteme, für deren Ausstattung der stark angestiegene Anteil älterer Menschen zu wenig Beachtung fand, ist evident, dass der Investment-, Bildungs- und auch Anerkennungsfokus falsch gelegt wurde.
 
Der kluge Makroökonom Nenad Pacek (Founder & President GSA Global Success Advisors) beschreibt diesen Umstand in einem bereits am 8. März publizierten Analysepapier sehr einleuchtend:
 
„Forgive my cynicism, but instead of coordinated, focused, super-funded, government-driven, and sustained investment in resolving major threats to human kind (and pathogens are a fundamental threat), our species has used the last 102 years to invent atomic and hydrogen bombs, laser guided missiles and drone swarms that communicate via artificial intelligence. Some of the smartest brains in the world have invented useless stuff like iPads, collateralized debt obligations, equity derivates and an astonishing array of products that have created ecological disasters. Talent has migrated to sectors that pay the best. Governments of this world did not find it appropriate to create quantitative easing to pay the best and the brightest more than Goldman Sachs or Apple and bring them to work on crucial issues for mankind. No wonder my late grandfather, who miraculously survived World War II, always referred to humankind as ´profoundly stupid´.”
 
Bestseller-Autor Marc Elsberg wiederum fasst in einem insgesamt äußerst lesenswerten „Standard“-Interview (https://www.derstandard.at/story/2000115903513/thrillerautor-elsberg-ueber-corona-fuer-junge-ist-das-wie-tschernobyl) salopp zusammen:
 
„Es wird plötzlich sehr deutlich, wer für unsere Gesellschaft sehr relevant ist, und ich finde spannend, wie da der Begriff ´Leistungsträger´ neu definiert wird. Während viele selbsternannte zu Hause sitzen und sich Sorgen machen, wie sie ihren Maledivenurlaub bezahlen, sorgen andere dafür, dass wir unser Essen bekommen.“
 
Doch selbstverständlich bleibt vor allem die Hoffnung, dass Entscheidungsträger zukünftig öfter Menschen wie Bill Gates zuhören. Der hat im März 2015 in einem TED Talk vor einer Situation, in der wir uns jetzt befinden, eindrücklich gewarnt:
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Warum es Zeit ist, bei Schulreformen nicht nur über organisatorisch Neues nachzudenken

29/2/2020

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​Die Räumlichkeiten des Think Tank Agenda Austria sind an diesem Abend sehr gut besucht. Mehrheitlich gut situierte Bildungsbürger der Altersgruppe 55plus haben sich eingefunden, um Susanne Wiesinger zuzuhören. Die Wiener Lehrerin und ehemalige Ombudsfrau im Bildungsministerium hat in ihrem jüngsten Buch „Kulturkampf im Klassenzimmer“ die parteipolitische Dominanz des Schulwesens beschrieben.
 
Das Buch ist ein Bestseller, gerade weil auch die Realitätsverweigerung der handelnden Personen schonungslos und offen thematisiert wird. Etwa dass es vielen Volksschülern an der Fähigkeit des sinnerfassten Lesens fehlt, dass Ottakring für viele Wiener Volksschüler ein inneres Organ ist, in Tirol sich die katholische Kirche weiterhin in Schulbelange einmischt und schon die Elementarpädagogik krankt, weil Eltern die Kindergärten als bloße Aufbewahrungsstätte für ihren Nachwuchs interpretieren. Susanne Wiesinger ist nicht wirklich optimistisch: „Man müsste den Geist im System ändern. Das ist derzeit unmöglich.“
 
Dieser Geist im System besteht aber auch darin, dass laufend über Struktur- und Organisationsformen diskutiert wird und wenig über Lehr- und Lerninhalte für das 21. Jahrhundert. Wir sagen halt zur Hauptschule jetzt Neue Mittelschule und verabschieden uns durch die Einführung der Zentralmatura von der allseits postulierten, weil ja als so wichtig betrachteten Individualisierung des Lernens zur Talente-Förderung.
 
Diese Diskrepanz wurde jüngst in einer Ausgabe des „Kurier“, nämlich jener vom 1. Februar, unabsichtlich pointiert illustriert. Im Politikteil der Zeitung gab es einen ausführlichen Bericht über eine neue, erweiterte Beurteilung der Schüler durch einen „Kompetenzraster“ (wow – wer lässt sich eigentlich all diese trendigen Begriffe einfallen?). Im „Freizeit“-Magazin wiederum wunderte sich Kolumnist Guido Tartarotti, dass einer seiner Texte in einem Schulbuch unter dem Titel „Sprachwissen, Sprachnormen, Schreibnormen“ verwendet wird: „Das ist nicht unwitzig, denn ich habe keine Ahnung von Sprachnormen.“ Der höchst erfolgreiche Journalist offenbart in Folge: „Ich betrachte die Schule als Lebenszeitdiebstahl und als Mordversuch an meiner Fantasie. Die Schule zwang mich dazu, mich die ganze Zeit mit Dingen zu beschäftigen, die ich weder begriff, noch interessant fand, für all das, was mich interessiert hätte, blieb keine Zeit. Meine zwölf Schuljahre bestanden nahezu zur Gänze darin, in Mathematik irgendwie am Leben zu bleiben (trotz Dauernachhilfe wurde ich aber nie besser).“
 
Jetzt ist die Schulzeit des Herrn Tartarotti doch einige Zeit her. Aber es ist zu befürchten, dass sich der Unterricht und vor allem seine Inhalte seither kaum geändert haben.  Auch darüber – und nicht nur über die Vorschläge von Susanne Wiesinger – sollten Schulreformer nachdenken.
 
Der Kabarettist und Religionslehrer Stefan Haider weiß, wie zum Lernen motiviert werden kann:
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Warum die Großinvestition in ein 1.095 Euro teures Österreich-Öffi-Ticket positiv wäre

26/1/2020

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Es war überraschend. Als ich ein Meeting von Vienna Business Districts besuchte, war die einhellige Aussage der Manager, wo ihren Betrieben der Schuh am meisten drückt: Verkehr und Mobilität. Nicht Abgaben und Steuern, nicht der vielzitierte Fachkräftemangel, sondern vielfältige Probleme mit Stau, Mitarbeiter- und Kundenparkplätzen, mangelnde Öffi-Alternativen bereiten echte Sorgen.
 
Dass die neue Regierung mit der Ankündigung eines Österreich-Jahrestickets für Bahn und Bus um wohlfeile 1.095 Euro größtes öffentliches Hallo hervorrufen wird, war evident.
 
Jeder möchte und muss mobil sein. Mobilität kostet Geld. Viel Geld. Die ÖBB etwa bräuchten, analysierte „Der Standard“ (07.01.2020), knapp 900 Euro Zuschuss pro Jahreskarte, die es heute schon um 1.964 Euro gibt. Wer in übervollen Pendlerzügen unterwegs ist, wird ergänzen wollen, dass es damit nicht getan sein darf. Nur wenn gleichzeitig künftig in die Infrastruktur kräftig investiert wird, besteht die Chance, dass das Bahnsystem bei exorbitant hohem Passagierzuwachs nicht kollabiert. Zum anderen dämpft der Umstand, dass viele Arbeitnehmer, um in die Firma zu kommen, alternativlos aufs Auto angewiesen sind, die Jubelschreie rund ums neue Pauschalticket.
 
Nichtsdestotrotz: Die 3-Euro-pro-Tag-Österreich-Fahrkarte hat positive Signalwirkung.
 
Drei Gründe.
 
Erstens: Die diversen regionalen Verkehrsverbünde müssen sich endlich eng aufeinander abstimmen. Warum es für jemanden, der bundesländerübergreifend pendeln muss, kein simples, attraktives Öffi-Offert geben soll, ist nicht nachvollziehbar.
 
Zweitens: Der öffentliche Verkehr – oder besser: neue intelligente öffentliche Verkehrslösungen mit Bus, Bahn, Auto, Fahrrad – haben Vorrang und beispielsweise eben nicht die unreflektierte Heilszuschreibung von E-Autos. Der deutsche Sozialforscher Jacob Steinwede in der „Zeit“ (50/2019): „Die Politik erzieht die Menschen auch weiterhin zu Autofahrern. Die Diskussion um die Zuschüsse für Elektroautos ist das jüngste Beispiel: Hier soll individuelle Mobilität staatlich gefördert werden, und zwar, was die Zuwendungen betrifft, interessanterweise ohne Bedürftigkeitsprüfung.“
Es geht durchaus kreativer. Im „Kurier“ (04.12.2019) wurde kürzlich über „Whim Unlimited“ berichtet: In Helsinki kann man um 499 Euro pro Monat Öffis, Taxis, Mietautos und City Bikes gemeinsam nutzen. In diesem Fall ist auch Car Sharing im Angebot integriert. Macht Sinn. Denn in Deutschland etwa werden aktuell gerade einmal 20.200 Autos geteilt, das sind heiße 0,04 Prozent des PKW-Bestands. Dass der Besitz eines eigenen Autos out ist, mag für den Wiener Bobo-Bezirk Neubau gelten, österreichweit zeigen die Zulassungszahlen etwas anderes: Die PKW-Zahl hat sich nämlich in den vergangenen 20 Jahren um 25 Prozent auf fast 5 Millionen erhöht. Konsequenz daraus: Linz-Pendler beispielsweise stehen, hochgerechnet, 12 Arbeitstage pro Jahr im Stau.
 
Drittens: Die politische Prioritätensetzung ist richtig, nach dem Motto: Wir wollen dort klimaaktiv handeln, wo´s am meisten Sinn macht. Und wir möchten das Problembewusstsein der großen autofahrenden Bevölkerungsmehrheit schärfen. Nochmals Jacob Steinwede: „Eltern fahren ihre Kinder zur Fridays-for-Future-Demo im SUV. Das trifft den mentalen Zustand der Menschen ziemlich gut.“
 
Nicht nur, was die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel betrifft, ein Vorbild. Greta Thunberg liest den Machthabern vor den Vereinten Nationen die Leviten: „How dare you!“
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Was kostet die Welt und wer darf dabei wie viel verdienen?

28/12/2019

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Wie viel ist eine bestimmte Tätigkeit wert? Was darf ein Job an Gehalt einbringen? Darüber lässt sich trefflich streiten. Heftig debattiert werden allerdings meist bloß exorbitant hohe Einkommen und weit weniger häufig beschämend niedrige Löhne von Menschen, die beispielsweise an der Supermarktkassa oder in Pflegeberufen ihre Frau stellen.
 
Zahlreiche Medienberichte gab es vor kurzem, als publik wurde, dass ein ehemaliger Casinos Austria-Vorstand 4 Millionen Euro „fürs Nichtstun“ (so die Boulevardpresse) bekäme. Jetzt sagt das weniger über die betreffende Person aus als weit mehr über die Gremien, die solche Arbeitsverträge möglich machen. Derjenige werfe den ersten Stein, der sich als Arbeitnehmer nicht über derlei äußerst nette finanzielle Zugeständnisse und Zuwendungen freuen sowie das entsprechende Papier strahlend akzeptieren und rasch unterzeichnen würde.
 
Bemerkenswert war in diesem Zusammenhang der Hinweis in einem „Kurier“-Kommentar, wonach es, sinngemäß, weltfremd sei, jemand Kompetenten um 500.000 Euro Jahresgehalt für einen Casinos Austria-Vorstandsjob anwerben zu können (https://kurier.at/wirtschaft/nationalbank-pension-von-ex-casinos-vorstand-hoscher-einzementiert/400706157). Bemerkenswert ist das insofern, weil beispielsweise der österreichische Bundeskanzler und seine Ministerriege deutlich weniger verdienen. Kanzlerin Brigitte Bierlein macht aktuell den Regierungsjob um knapp 22.000 Euro brutto im Monat, Alexander Schallenberg ist anscheinend für maue rund 18.000 Euro monatlich ganz gerne Außenminister.
 
Die Verantwortung eines Managers, etwa auch bei den Casinos Austria, ist ganz und gar nicht mit jener eines Unternehmers, also mit jemandem, der ein Unternehmen besitzt und dafür finanzielle Risiken trägt, vergleichbar. In der „Zeit“ vom 26.09.2019 hat Roman Pletter diesen Unterschied in einem Porträt des Siemens-Bosses Joe Kaeser sehr präzise beschrieben: „Tatsächlich riskieren Manager kein eigenes Geld, und sie unternehmen auch keine gefährlichen Dinge, wie der Gründer Werner von Siemens es tat, als er beim Kabelverlegen auf See beinahe ums Leben kam. Sie entwickeln nur Strategien mit skurrilen Namen. Eine Vorgängerin zur Vision2020plus bei Siemens hieß tatsächlich mal ´Fit for more´, ihre Nachfolgerin ´Fit for more plus´. Fehlerhafte Strategien können für Mitarbeiter schlimme Folgen haben. Viele ehemalige Siemensianer haben einmal ihre Arbeit verloren, weil die Führung den Markt für Mobiltelefone falsch eingeschätzt hatte. Für die Chefs ist so etwas nicht so schlimm. Sie fallen weich.“ Knapp vor Weihnachten würde übrigens berichtet, dass der aktuelle Siemens-Chef im letzten Geschäftsjahr über 14 Mio. Euro verdient hat (https://www.manager-magazin.de/unternehmen/industrie/siemens-joe-kaesers-verguetung-steigt-auf-14-millionen-euro-a-1299685.html).
 
P.S.1: Abfindungszahlungen bei Siemens waren auch vor sechs Jahren, ebenfalls vor Weihnachten, schon einmal Thema eines meiner Blog-Beträge: http://www.sgiarovello.at/mein-blog/archives/12-2013
 
P.S.2: Ist das gerecht bzw. gerechtfertigt? Der wirtschaftliche Erfolg der Premier League bringt es mit sich, dass die Kicker in dieser Liga im Schnitt 3 Millionen Pfund pro Saison verdienen. Mehr dazu: https://www.theguardian.com/football/2019/dec/23/premier-league-salaries-manchester-city-nba-barcelona#maincontent
http://www.globalsportssalaries.com
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Was „Blade Runner“ und Jeff Bezos bewiesen haben

30/11/2019

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​Ich kenne den Film nur namentlich: „Blade Runner“ von Ridley Scott. Er stammt aus dem Jahr 1982. Das Besondere: Der Film spielt im Jahr 2019. Er präsentiert eine Welt, die nur peripher mit dem Heute zu tun hat. Denn: Der Mars ist weiterhin nicht kolonisiert, den künstlichen Menschen gibt es nicht. Internet und Smartphones lagen für Ridley Scott jenseits seiner Vorstellungskraft.
 
Christoph Schwarz schreibt in seiner Analyse des Kultfilms in den „Salzburger Nachrichten“ (23.11.2019): „Science-Fiction erzählt eben nur vermeintlich von der Zukunft, sondern immer von der Gegenwart.“ Dieser Satz trifft zugleich alle Trendvorhersagen und Innovationsprognosen sehr gut. Was wirklich geschehen wird, ist leider nur in der Rückschau erkennbar.
 
Kürzlich fiel mir das Buch „Die 75 besten Managemententscheidungen aller Zeiten“ in Händen. Stuart Crainer hat es im Jahr 1999 geschrieben. Die „großartige Entscheidung Nummer 41“ bezieht sich auf Jeff Bezos, der fünf Jahre davor seinen virtuellen Buchladen Amazon.com eröffnet hatte. Der Erfolg des Unternehmens, analysiert Crainer, liege zum einen in der Pflege eines substanziellen Dialogs mit den Kunden, dem Aufbau einer Web-Community. Zum anderen wäre die Geduld des Herrn Bezos, der ja keine Gewinne schreibt, durchaus lobenswert. Aber man könne aufgrund dessen, mutmaßt der Autor, gespannt sein, wie die Zukunft von Amazon wohl ausschauen wird, denn die Firma habe Probleme mit ihrem Musikformat und etliche Nachahmer stünden bereits ante portas. Rückblickend wissen wir: Bücher waren für Jeff Bezos der Testlauf. Amazon ist heute ein Allesverkäufer, der seinen Gewinn mit Daten-Server erzielt.
 
„Blade Runner“ und Amazon zeigen auf unterschiedliche Weise, dass uns für große gesellschaftliche und wirtschaftliche Umwälzungen Vorstellungskraft und Fantasie fehlen. Beide Beispiele sollten uns dazu ermutigen, Prognosen für das zu halten, was sie sind: der Versuch, Science-Fiction mit seriös gemeintem, ernsthaftem Pathos als Wirklichkeit zu verkaufen.
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Was die Krise des Journalismus mit dem "Fall Peter Handke" zu tun hat

26/10/2019

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Die Deutungshoheit im politischen Diskurs lag über rund 150 Jahre bei den Journalisten als vierte Gewalt im Staat, als Kontrollore der Mächtigen. Diese Macht ist umstritten, seit sich das Internet zu einem Informationswerkzeug für die Massen entwickelt hat. Es ist mit dem Smartphone jederzeit und für jeden verfügbar. Nicht nur der Journalist wird also zum potenziellen Sender von Nachrichten. Donald Trump macht das so geschickt, dass er via Twitter aktuell 66,2 Millionen Menschen direkt erreicht. Indirekt kommen zig Millionen Follower dazu, weil es dem US-Präsidenten gelingt, dass seine Tweets auch die Berichterstattung der klassischen Medien bestimmen.
 
Was das Mediengeschäft außerdem erschwert, ist der Umstand, dass es in vielen Interessensgebieten Experten gibt, die in ihrem Metier vielfach klüger sind als die Journaille. Sie sind überall, diese Wissensfreaks, die von Fußball, Theater, Kino oder Wirtschaft mehr verstehen als die meisten Sport-, Kultur- und Wirtschaftsredakteure.
 
Neben Journalisten billigte man stets auch Schriftstellern zu, die öffentliche Debatte zu bestimmen. Doch auch ihr Einfluss ist aus heutiger Sicht überbewertet. Der Streit um Literaturnobelpreisträger Peter Handke und sein Verhältnis zu Serbien ist aufgebauscht, bringt den Medien Quote und dem Dichter ein paar mehr verkaufte Bücher.
 
Ein anderer Schriftsteller, der bekannte norwegische Krimiautor Jo Nesbø, hat im Kulturmagazin „SPIEGEL Bestseller“ (Herbst 2019) sehr schön erklärt, warum er sich in sehr vielen Diskursen seiner Stimme enthält. Sein Aha-Erlebnis habe er nach dem Lesen einer Biografie von Charles Dickens gehabt: „Dickens lebte in einer Zeit, in der die Gesellschaft zu Schriftstellern aufsah, weil sie über ein Wissen verfügten, das den meisten Menschen nicht zugänglich war. Die meisten Menschen verrichteten damals handwerkliche, körperliche Arbeit. Für Gedanken und Meinungen waren Professoren, Priester und eben Schriftsteller zuständig, die den durchschnittlichen Menschen an Bildung überlegen waren. Das ist heute völlig anders. Ein Schriftsteller wie ich besitzt keinen besseren Zugang zu Wissen und Informationen als seine Mitmenschen. Das macht es ein bisschen altmodisch und lächerlich, Schriftsteller nach ihrer Meinung zu wichtigen Weltproblemen zu fragen.“
 
Dem ist angesichts des „Fall Peter Handke“ nichts hinzuzufügen.
 
Der „Peter-Handke-Quiz“ bei „Willkommen Österreich“ zeigt, dass ein Literaturnobelpreisträger nicht alles kann, so zum Beispiel einen Witz erzählen:
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Warum die Politiker-TV-Duelle durchaus sinnvoll sind

28/9/2019

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Politiker sind Getriebene, „arme Hund´“ eigentlich. Sie können es niemandem recht machen. Schwingt der Herr Bürgermeister anlässlich der Feuerwehrspritzenweihe eine grandiose Rede, hieße es, (d)er macht sich wieder einmal überall wichtig. Tut er das nicht, das Präsentsein, wären die Feuerwerker selbstverständlich schwer beleidigt.
 
Dieser Zeitungsausschnitt stammt aus der Zeit der Europawahl im Frühjahr. SPÖ-Spitzenkandidat Andreas Schieder erschrickt friedliche Parkbesucher mit Kochrezepten.
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Im Zeitalter des Internets und der sozialen Medien glänzen Politiker nicht bloß mit vor Ort dabei sein, sondern durch Hyperaktivität. Die vielen TV-Duelle oder -Konfrontationen sind Unterhaltungsshows, wer wem am besten verbal ins Gesicht donnert. Mit einer Diskussion, die mehr als persönliche Sympathie oder Antipathie verbreiten kann, haben sie wenig zu tun. Die Verknappung von Inhalten und die Verdünnung der Argumentationsdichte entsprechen der Instagramisierung der Kommunikation. Jeder Text über drei Zeilen Länge wird weggescrollt, zumal unsere Aufmerksamkeitsspanne inzwischen unter Goldfisch-Niveau angelangt ist.
 
Nichtsdestotrotz ist gegen das Fegefeuer an Polit-Talks wenig einzuwenden. Denn immerhin: Sie bringen einige Menschen zum Nachdenken über das bestmögliche Zusammenleben in Gegenwart und Zukunft. Never ever in der Menschengeschichte gab es auch außerhalb von Social Media-Blasen so viele Optionen, sich zu informieren, sofort, oft gratis und ungemein umfassend, in die Tiefe gehend und bei vielen Quellen durchaus absolut qualitätsvoll.
 
Die Behauptung, nicht informiert zu sein, ist eine Ausrede all derer, die sich dafür, fürs Informieren eben, nicht die Zeit nehmen wollen, weil sie zum Beispiel halt lieber wandern gehen, mit Freunden Essensfotos teilen oder Netflix-Serien streamen.
 
Es ist jedoch trotzdem schön, wenn der Wahlkampf in Österreich in Kürze vorbei ist. Damit sind alle, die sich über Wochen coram publico befetzt haben, gezwungen, wieder normal miteinander umzugehen. Also so zivilisiert, wie sie es tun, wenn keine Kameras und nervige, auf den besten Sager abzielende Journalisten dabei sind.
 
Das sollte auch nach der Wahl kein Thema der Koalitionsverhandlungen werden: die Einführung eines „Ministry of Silly Walks“ nach dem Vorbild von Monty Python:
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