Zu Recht, wie ich meine.
Erstens, so beschreibt es der deutsche Politologe Herfried Münkler in einem Interview mit der „Presse“ (27.12.2015) retrospektiv: „Merkel entschied sich im Spätsommer, die Flüchtlinge hereinzulassen, um Europa zu retten. Hätte Deutschland die Grenzen zugemacht, wäre es zu einem Stau von 700.000 Menschen auf der Balkanroute gekommen – mit katastrophalen Folgen.“ Ich gebe zu, so hätte ich Merkels umstrittene „Wir schaffen das“-Attitüde nicht analysiert.
Zweitens hat Angela Merkel mit ihrer diesbezüglichen Haltung im wahrsten Sinne des Wortes – und darüber hinaus – Haltung bewiesen. Von den eigenen, sogenannten christlich-sozialen Parteifreunden dafür angefeindet, verteidigte sie ihre mit Sicherheit auch in Deutschland nicht mehrheitsfähige Entscheidung, die Grenzen für von Krieg und Terror verfolgte Menschen offen zu halten. Damit betrachtet sie die von vielen Politikern in Sonntagsreden propagierte Nächstenliebe nicht als Lippenbekenntnis, sondern als politischen Auftrag.
Gemäß der Diktion des Soziologen Max Weber, Politik sei „ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich“, ist ihr bewusst, dass auf Staat, Wirtschaft und Gesellschaft sehr viel Arbeit zukommt. Denn dass die rund eine Million Flüchtlinge einen wirtschaftlichen Segen darstellen, ist a priori Nonsens, zumal ihre Ausbildung – ganz abgesehen von fehlenden Deutsch- oder Englischkenntnissen – mehrheitlich schlecht ist. Das heißt, die Integration in den ohnedies prekären Arbeitsmarkt wird schwierig und mittelfristig nicht machbar, das Sozialsystem weiter belastet. Das von einigen Wirtschaftsforschern wahnwitziger Weise durch die Flüchtlinge postulierte, sogar positiv hervorgehobene Konsumwachstum ist letztlich staatlich subventioniert. Die Gefahr der Ghettoisierung oder die kulturellen Unterschiede seien hier als Integrationshürden nur am Rande vermerkt.
Man sollte daher ehrlich sein. Wir müssen uns um Flüchtlinge aus humanistischen Gründen kümmern – entweder hier bei uns oder direkt in den Krisengebieten. Angela Merkel lebt diese Erkenntnis in ihrer politischen Praxis. Als Politikerin ist sie Vorbild, weil sie Rückgrat zeigt. Dieser Mut zeichnet sie als „Persönlichkeit des Jahres 2015“ aus. Eine gute Wahl.
Mit welcher Rede Angela Merkel die CDU am jüngsten Parteitag auf ihre Linie gebracht hat, sehen Sie hier: