Der „Guardian“ hat kürzlich Eigentums- und Finanzverhältnisse der Premier League-Klubs der Saison 2015/16 beleuchtet (https://www.theguardian.com/football/2017/jun/01/premier-league-finances-club-by-club). Die relative Mehrheit der Vereinsbesitzer (10) ist sogar noch (!) anglophil. Die Eigentümer sind aus England (Crystal Palace, Newcastle, Norwich, Stoke, Tottenham und West Ham) und den USA (Arsenal, Liverpool, Manchester United, Swansea und Sunderland).
Dazu gesellen sich zwei Russen (Bournemouth und Chelsea), zwei Chinesen (Aston Villa, Westbromwich Albion), ein Thailänder (Leicester), ein Scheich aus Abu Dhabi (Manchester City), die Schweizerin Katherina Liebherr (Southampton), ein Italiener, Herr Gino Pozzo, der Watford allerdings über eine Luxemburger Firma sein eigen nennt, sowie ein Monegasse mit Migrationshintergrund (Herr Farhad Moshiri), der sich in den FC Everton verliebt hat.
Gerade die letztgenannten Beispiele dokumentieren, dass die Liebe zwar groß, aber monetär trotzdem möglichst steuerschonend entflammt ist. Dass die Herren Moshiri und Pozzo ihre Vereinsgelder über Monaco (bzw. in diesem Fall firmentechnisch über die Isle of Man) und Luxemburg verteilen, wird mit der zweifellos vorhandenen Schönheit der dortigen Landschaft eher nicht zu begründen sein. Doch die finanzschonenden Praktiken dieser Geschäftsmänner sind keine Ausnahme, eher die Regel. Der Bournemouth-Russe, Maxim Demin, hat seine entsprechende Firma auf den britischen Virgin Islands geparkt. Die von den Fans wenig geliebte US-Familie Glazer operiert über die Cayman Islands. Die Tottenham Hotspur-Eigentümerschaft des inzwischen 80-jährigen Milliardär Joe Lewis (Wertpapierkrösus) wird über die Firma Enic auf den schönen Bahamas gehalten. Dass alle bislang nicht aufgezählten Vereinstitanen für ihr Business jetzt eine ähnlich banale Bilanzlegung vornehmen oder Steuererklärung abgeben, wie, sagen wir, der Schreiner an der Fulham Road neben der Stamford Bridge oder der Pubbesitzer an der Vicarage Road nahe dem Watford-Stadion, darf bezweifelt werden.
Das Unterhaltungsgeschäft „Fußball“ führt jedenfalls dazu, dass in besagter Saison 2015/16 immerhin Vereinsumsätze in der Höhe von 3,65 Mrd. Pfund erzielt wurden. 2,25 Mrd. Pfund entfielen auf Gehälter. Das heißt, die Gladiatoren des Spiels verbuchten exakt 61 Prozent dieser Gelder auf ihre Konten. Sie sind es, warum die Leute ins Stadion kommen und – das ist das eigentlich entscheidende – weltweit vorm Fernseher sitzen.
Denn speziell bei den kleinen Vereinen prägen die TV-Prämien fast zur Gänze das Business. Der AFC Bournemouth, der Verein mit dem kleinesten Stadion, möge hier als Paradebeispiel dienen. Bei den „Cherries“ betrugen die Matchday-Einnahmen 2015/16 in der Mini-Arena für 11.500 Zuschauer nur 5 Mio. Pfund, während das Fernsehen insgesamt 75 Mio. Pfund zum Umsatz beisteuerte. Wie krass der Unterschied zwischen Arm und Reich aufgrund der Fernsehrechte ausfällt, ist auch durch den im „Guardian“ zitierten Vergleich für Watford ersichtlich. Die „Hornets“ erlösten durchs TV in der zweitklassigen Championship in der Saison 2014/2015 bloß 4,6 Mio. Pfund. Nach dem Aufstieg in die Premier League waren es in der Saison 2015/16 dann 80 Mio. Pfund, also fast 20 Mal so viel.
Werden die Fans angesichts von illustren bis dubiosen Eigentümern, von Spielern, die mit Geld zugeschüttet werden, und von TV-Sendern, die sich ihre Rechte, zumindest in Europa, durch immer höhere Pay-TV-Gebühren refinanzieren lassen, den Spielen fernbleiben und quasi nur mehr Brot konsumieren? Nein. The show must go on. Am 14. Juni gibt’s die Auslosung für die kommende Premier League-Saison 2017/18. Und auch ich bin schon in Vorfreude. Weil’s halt ab August wieder eine medial großartig inszenierte, unterhaltsame, zum Drama und Irrsinn tendierende Spannung geben wird, mit der Madonna, die Rolling Stones und Justin Bieber einfach nicht mithalten können.
Newcastle United versus Liverpool aus dem Jahr 1901. Die Begegnung wird´s in der Premier League auch 2017/18 wieder zu sehen geben. Allerdings vor mehr als den damals 18.000 Zusehern, mit mehr als den damals drei Kameras im Einsatz und mit einiges an zusätzlicher Bandenwerbung (die, wie man im Clip erkennen kann, sogar vor 116 Jahren schon existierte):