Niemand von Stade Rennes, dem französischen Fußballerstligisten, will mir anlässlich eines Matchbesuchs in der Hauptstadt der Bretagne, erzählen, wie es dazu kommen konnte, dass zwei Österreicher für die mit größten Erfolge des Vereins verantwortlich zeichneten.
Der eine war ein gewisser Josef „Pepi“ Schneider, der von 1933 bis 1936 als Spielertrainer für Stade Rennes werkte und die Bretonen immerhin ins Cupfinale brachte (0:3 gegen Marseille, 1934). Ein Globetrotter übrigens, der davor in Österreich, in Ungarn, in den USA, in der Schweiz und – gemäß Wikipedia – zuletzt, 1939/40, auch als Coach von Austria Wien tätig war. Über seine Zeit danach gibt es leider keine, zumindest leicht recherchierbare Information.
Der andere erfolgreiche Österreicher bei Stade Rennes war - ab 1933 - Franz Pleyer, später mit neuem Vornamen Francois eingebürgerter Franzose. Er führte als Spielertrainer den Verein zwischen 1945 und 1952 zu einer ersten sportlichen Hochblüte (Platz 4 in der Saison 1948/49).
Über beide Herren wollte ich in Rennes mehr erfahren - ein vergebliches Unterfangen. Vielleicht lag es auch daran, dass ich den Verantwortlichen auf Englisch schrieb. Dabei bot ich sogar Freund Andy als Französisch-Dolmetscher an. Rückblickend betrachtet hätten seine Übersetzungsdienste allerdings eher in einem Fiasko geendet. Ich realisierte erst später vor Ort, dass der gute Mann zwar höchst frankophil ist, jedoch sich seine entsprechenden Sprachkenntnisse auf die Hälfte der Wochentage und ein Fünftel einer durchschnittlichen Bistro-Speisekarte reduzieren lassen. Glück gehabt: So wurde immerhin eine 2018er-Version des berühmten Monty Python-Übersetzungssketch nicht heitere Wirklichkeit.
Fußball spielt sich für den Durchschnittsfan emotional und atmosphärisch zu 100 Prozent in der Gegenwart ab, gekennzeichnet von Erfolg oder Misserfolg. Das unterscheidet ihn von anderen Bereichen der Unterhaltungs- und Freizeitbranche, denke ich mir am nächsten Tag bei der Besichtigung von Mont-Saint-Michel. Dort lässt die Infrastruktur auf die Besuchermassen schließen, die sich zur Touristen-Hochsaison durch die schmalen, alten Gassen und ebensolchen sakralen Gebäude durchschieben werden.
Was Freizeitindustrie und Fußballbusiness allerdings eint: Den vielen Japanern, die auch heute in Mont-Saint-Michel unterwegs sind, werden die einstigen Äbte des Klosters genauso wenig bedeuten, wie dem Stade Rennes-Fan die Herren Schneider, Pleyer oder Hosiner.