Dieses Verhalten zeigt vor allem die in Chefetagen herrschende Dünnhäutigkeit, was Selbstkritik und das Eingeständnis von Fehlern betrifft, auf. Ein Anschlag auf die Pressefreiheit ist es jedoch nicht. Auch führt der Wunsch, aktiv kritische Geschichten unterdrücken zu wollen, nicht zum „Betrug am Leser“, zum „Betrug am Kunden“, wie das „Wirtschaftsblatt“ mutmaßt.
Denn seinem Leser und seinen Rezipienten ist ja das Medium selbst verantwortlich und nicht die Firma, also der Gegenstand der Berichterstattung. „Datum“ dürfte sich – um den konkreten Fall zu elaborieren – von dem drohenden Anzeigenstorno nicht vom Konzept abbringen lassen, weiterhin Missverstände aufzudecken. Der p.t. Leser von „Datum“ wird es seinem Medium danken, Rekordauflagen sind die Folge, die Abonnentenzahlen gehen durch die Decke.
Soweit die Theorie. Praxis ist leider, dass gerade Zeitschriften, aber auch Zeitungen, immer stärker von der werbetreibenden Wirtschaft und ihren Inseraten abhängig sind. Leserzahlen, oder sagen wir besser die Umsätze mit denjenigen Lesern, die für Medien in die Brieftasche greifen, schrumpfen. Die Loyalität zu den Kaufmedien sinkt – vor allem dank Gratis-Online-Alternativen, unterwegs und aktuell konsumiert, aber nicht zuletzt auch wegen sinkender Qualität. Denn die Ausdünnung der Redaktionen wirkt sich halt irgendwann einmal auf den Inhalt und zudem auf den Umfang aus. Stichwort: Tageszeitung mit der annähernd gleich großen Seitenanzahl wie ein Billa- oder Hofer-Flugblatt.
Für diese Misere kann die werbende Wirtschaft ebenso wenig wie die Politik, die ohnedies kräftig in Print investiert und zur Genüge Insertionen schaltet, zur Verantwortung gezogen werden. Wenn dann Unternehmen wie im besagten Fall einem im Übrigen sehr gut gemachten Magazin wie „Datum“ die Anzeigen-Freundschaft aufkündigen, wird’s fast existenziell kritisch.
Auf der anderen Seite ist es menschlich durchaus verständlich, dass man in einer Firma davon ausgeht, dass, ganz banal, die fütternde Hand nicht gebissen wird. Ein „Vergehen gegen die Pressefreiheit“ ist dieses Handeln jedenfalls nicht. Ein Unternehmen wie die vom „Wirtschaftsblatt“ zitierte ÖBB muss Gesetze einhalten, daran ist es ethisch-moralisch zu messen. Aber es kann sich zum Glück (theoretisch, es geht um die ÖBB!) aussuchen, wo es Inserate platziert und wo nicht.
Das Problem ist viel tiefergehend: Immer weniger Menschen sind bereit, Qualitätsjournalismus durch ihren Kaufakt zu belohnen. Wie es gelingen kann, diesen Trend zu stoppen, daran arbeitet sich gerade die gesamte Medienbranche heftig ab – auch das „Wirtschaftsblatt“ würde im Übrigen von der Entdeckung dieses Steins der Weisen durchaus profitieren.